Donnerstag, 26. November 2020

Montagsfrage #35 Triggerwarnungen in Büchern


Sollten Bücher, die sensible Themen behandeln, mit Trigger-Warnungen ausgestattet werden?


Das Thema kommt gefühlt in letzter Zeit immer häufiger zur Sprache. Und das finde ich gut, denn ich finde, es ist ein wichtiges Thema. Und meine Meinung dazu ist klar: Ich finde es absolut richtig, für die wichtigsten Punkte eines Buches, die triggern könnten, eine Triggerwarnung auszusprechen.Wer denkt, es gäbe in Büchern keine Trigger: Falschgedacht. Ich verweise an dieser Stelle nur mal auf den Werther-Effekt. "Die Leiden des jungen Werther" haben erwiesenermaßen Menschen in den Suizid und zu suizidalen Handlungen getrieben.
Wohlgemerkt, nicht bei allen Dingen macht es meiner Meinung nach Sinn. Auch wenn man bedenken muss, dass Menschen durch verschiedene Dinge unterschiedlich stark getriggert werden können. Man kann trotzdem nicht für jedes kleine Wort oder jeden kleinen Satz eine Warnung aussprechen und manche Punkte, die Triggern können, gehen bereits aus dem Genre oder dem Klappentext hervor, z.B. erotische Handlungen bei Erotik oder bei (High-)Fantasy oft Kampfhandlungen, die auch blutig werden können. Auch finde ich z.B. die Forderung nach LGBTQIA+ Kennzeichnung unnötig, über die ich schon einmal gestolpert bin.
Andere Punkte machen wiederum mehr als Sinn, vor allem, wenn es um explizite Handlungen geht. Warum, ist eigentlich ganz einfach: Es schützt Menschen. Ich habe bei einigen anderen Antworten auf die heutige Montagsfrage gelesen, Bücher seien nicht so explizit und anschaulich wie Filme und Serien. Allerdings bin ich anderer Meinung. Meiner Erfahrung nach werden Bücher oft ausführlicher, wo bei Filmen zeitbedingt nur angedeutet wird. Außerdem macht bei Menschen mit gutem Vorstellungsvermögen und ein wenig Fantasie Buch oder Film nicht wirklich einen Unterschied.
Gerade deshalb finde ich es gut, dass vor allem bei New/Young Adult häufiger Triggerwarnungen ausgesprochen werden oder auch in Rezensionen zu triggernden Büchern auf Warnungen hingewiesen wird. Auch wenn es bei anderen Genres genauso viel Sinn machen und ich es mir wünschen würde, aber da habe ich es leider noch nicht gesehen.
Natürlich sollten die Warnungen so formuliert sein, dass sie nicht allzu viel Spoilern oder selbst schon triggernd sind. Im Klartext: Kein "xy verfällt in diesem Buch aufgrund von dem und dem in eine Esstörung, hungert sich fast zu Tode und kommt nicht mehr da raus", sondern eher "In diesem Buch werden u.a. Esstörungen thematisiert". Wenn sich an solche Formulierungen gehalten wird - und das wird sich auch in den Fällen, die ich gesehen habe und zu denen es offizielle Triggerwarnungen gibt -, dann wird auch niemandem die Lust auf das Buch versaut. Oder er hätte das Buch ohnehin ab dem Punkt, an dem es um das triggernde Thema geht, doof gefunden. Und wer keine Warnungen braucht, der braucht sich auch nicht darum zu kümmern. Aber nur, weil man selbst eben nicht getriggert wird und deshalb keine Warnungen auf seinen Büchern möchte, kann man nicht davon ausgehen, dass das auch für alle anderen gilt. Wie gesagt, Triggerwarnungen schützen Menschen.
Und auch Menschen, die zwar nicht getriggert werden, aber bestimmte Themen gerne meiden würden, weil sie z.B. über Gewalt an Kindern nicht lesen möchten, vielleicht, weil sie das traurig macht, vielleicht, weil sie eigene Kinder haben, vielleicht, weil sie einen eigenen anderen Grund haben, profitieren von solchen Warnungen. Es braucht nicht immer einen Trigger.
Übrigens finde ich auch die Anmerkung, man brauche keine Triggerwarnungen, wenn man Traumata aufarbeitet, etwas unangemessen. Aufarbeitung geschieht in der Regel über einen langen Zeitraum, im angemessenen Rahmen und mit der entsprechenden Hilfe (sei es durch einen Therapeuten oder das Umfeld). Bücher können helfen, können aber eben auch genau das Gegenteil bewirken, vor allem, wenn man unvorbereitet auf den Trigger stößt. Nicht jeder Mensch mit einem Trauma ist bereits so weit, das Thema abzuhaken. Gerade wenn Traumata sehr frisch sind oder man in der Aufarbeitungsphase ist, können Trigger sehr gefährlich werden. Und auch eine Aufarbeitung bedeutet nicht, dass Trigger verschwinden.

Das war jetzt doch mehr, als ich ursprünglich erwartet habe. Aber es ist ein Thema, über das man auch gut diskutieren kann. Damit verabschiede ich mich fürs Erste von euch. Eure Meinung würde mich auf jeden Fall brennend interessieren, also schreibt sie mir gerne in die Kommentare. Hier geht es zum Mutterschiff bei Lauter&Leise. Bis zum nächsten Mal und vergesst nicht: Lest schön!
Eure Shannon

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